Dienstag, 9. September 2008

Wochenende

Es ist schon wieder zwei Tage vorbei und es ist wieder viel passiert.
Wochenende bedeutet fuer mich im Moment Freitag und Sonntag, Samstag habe ich noch Vorlesung.
Am Samstag nach den ersten arabisch Stunden hab ich mich aufgemacht nach Harduf. Dort arbeitet eine Freundin von mir, die von zwei weiteren Freundinnen aus Fulda besucht wurde. Ich hatte den Weg echt nicht mehr so lange in Erinnerung. 4,5 Std. hab ich gebraucht, von meiner Hasutuer in Ramallah bis nach Harduf. Erst eine Stunde von Ramallah nach Jerusalem, der Checkpoint war ziemlich voll, sogar Spuerhunde haben einige Autos durchsucht. Ich durfte mit einigen alten Maennern und Frauen im Bus sitzen bleiben, waehrend alle anderen Aussteigen mussten und zu Fuss durch den Checkpoint gingen um danach wieder in einen Bus zu steigen. Schon ein komisches Gefuehl, dieses Auslaender sein, vorallem weil man immer wieder so herausgehoben wird. Sei es am Checkpoint, waehrend Ramadan mit den Essgewohnheiten oder in den Taxis. Naja so ist und ich trage ja auch meinen Teil dazu bei, denn ich bin ja auch einer. Ich versuche allerdings ein bisschen unauffaellig zu sein, z.B. was die Kleidung angeht.
So ist das halt, was soll man machen.
Naja der Weg weiter ueber Tel Aviv nach HArduf war wie immer angenehm, ein eiskalter Bus, in dem man fast erfroren ist.
In Harduf war es echt wieder gemuetlich, wie immer. Dort ist einfach Ruhe, man kann sich ausruhen, nette Leute around. Als wir abends den Blick ueber Haifa und andere Orte haben schweifen lassen habe ich mich mal wieder gefragt, was Freiheit aus macht. Ist es ein freier Blick, freie Bewegung, in der zur Sicherheit immer wieder dein Rucksack durchsucht wird und du mit einem Detektor abgesucht wirst? Freiheit fuer Gedanken? Die Moeglichkeit ueberhaupt an etwas anderes denken zu koennen als deine Sicherheit und dein taegliches Ueberleben. Ist es die Freiheit die es ausmacht, wenn man sich auf die Wiese legen kann, ohne T-shirt, vielleicht drausen schlafen kann, eine kurze Hose anziehen kann, mit allen Menschen, auf die man gerade Lust hat Karten zu spielen. egal ob Mann oder Frau. Befaehigt Bildung zu Freiheit? Wieviel Bildung brauche ich, um mich frei von Gesellschaft und anderen Bedingungen oder Grenzen zu machen?

Arabisch faengt an, vielleicht kann ich nachher weiter schreiben.

Heute, 10.09.08 komme ich nach Hause, die Tür ist abgeschlossen, mal wieder, ich höre Stimmen drinnen, komisch, ich klopfe. Min hada? - wer ist dort? - Lukas, ok, can you wait a second? Of course I can. Dann geht die Tür auf, das Kopftuch wird noch schnell richtig festgesteckt. Nada und Lana sind am Kochen, wow das riecht lecker. Haben sie das Kopftuch freiwillig aufgesetzt? Haben sie darüber nachgedacht als ich gekommen bin? Schränkt es sie ein? Ich glaube eigentlich nicht, sieht zumindest nicht so aus. Lana ist nicht oft in der Mosche, Nada schon, sie ist oft in Jerusalem während Ramadan. Beide sind sehr offen trotzdem weiß ich noch nicht sehr viel über sie. Sie haben für Imad und mich gekocht, wobei jeder andere wohl auch mitessen könnte, glaube ich. Als ich dann ein paar Teller von uns abgespühlt habe meinte Nada, warum ich das mache, sie würde das schon machen. Da hab ich gesagt, naja, ihr habt gekocht da kann ich doch ein biesschen abspühlen, oder? Ok meinte sie, aber es sei eigentlich nicht meine Aufgabe. Macht oder sagt sie das aus freier Entscheidung oder weil sie es so gelernt hat? Weil es Tradition so will? Selbst wenn, wenn es für sie ok ist, warum nicht? Müssen wir oder ich immer mit unserem freien Willen kommen? Vorgestern abend habe ich die ersten zwei Teile einer arabischen Serie für Ramadan vom Goethe Institut gesehen. Darin werden die internationalen Organisationen ein wenig auf die Schippe genommen. Auf der anderen Seite ist da einiges dran, Palästine und Israel ist der Landstrich auf der Erde, auf dem am meisten int. Organisationen und Internationale sind. Manchmal habe ich das Gefühl, dass diese Tatsache den Palästinensern die Möglichkeit nimmt, selber zu denken, eigene Initiativen und Projekte zu entwickeln, ihre Identität selbstständig zu entfalten und zu festigen. Also mit welchem Recht oder mit welchen Hintergedanken kann ich überhaupt Gedanken zur Freiheit der Menschen hier äußern ohne sie in ihrer Menschenwürde zu beschränken? Nur weil ich mich nicht so frei wie in Deutschland oder in Harduf fühle heißt das noch lange nicht dass die Menschen sich hier unfrei fühlen. Auf der anderen Seite ist es für viele Menschen hier schwer vorstellbar, warum wir jungen Leute aus der ganzen Welt freiwillig hier her kommen. Tuhen oder können wir das nur, weil wir wissen, dass wir nach kurzer oder längerer Zeit wieder nach Hause in die „alte“ Freiheit können?

Merkwürdig, ich stelle hier nur Frage um Frage, eigentlich bin ich hier her gekommen, um mehr Klarheit zu erlangen. Den Kurs „Frauen in arabischen Gesellschaften“ habe ich gewählt um mehr Klarheit über deren Rolle und deren Befinden zu bekommen. Statt dessen stelle ich Fragen. Ich weiß, es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten :-) Also wo ist der Punkt?

Klarheit durch Fragen? Fragen durch Klarheit!

Ist doch gut, dann gäbe es nicht so viele Missverständnisse zwischen Menschen, wenn mehr gefragt werden würde.

1 Kommentar:

Fiorina hat gesagt…

Ja, ich glaube, Du hast recht: Wir sollten alle viel mehr fragen und vor allem auch hinter-fragen, meinst Du nicht? Das finde ich nämlich auch recht witzig, dass es immer heisst "hinterfragen", das heisst, man will noch mehr, man will eben hinter eine Frage sehen können... Vielleicht bist Du gerade dahinter, das heisst aber noch nicht, dass die Fragen verschwinden, sondern sie werden einfach von einer anderen Perspektive beleuchtet, oder? Fragen selbst können ja schon Antworten sein!
Ich glaube, ich verstehe ein bisschen wie es Dir geht Lukas, als ich nach Brasilien ging letztes Jahr, da erging es mir ähnlich. Auch ich kannte das Land und die Kultur schon ein wenig und auch ich wollte noch mehr verstehen lernen. Dann ergaben sich jedoch immer noch mehr Fragen... Es ist schon spannend, dass man sich gewisse Fragen zuhause nie stellt, findest Du nicht? Gerade bezüglich der Freiheit... Diese Fragen sind vielleicht hier auch stark präsent, nur sind sie schwieriger zu fassen...ist es das?
Naja, keine Ahnung... Siehst Du, jetzt hast Du mich mit Deinem Blog Eintrag auch in diese ganze Fragerei eingesogen...schön.
Freue mich, weiteres zu lesen! Machs gut!
Fiorina