Sonntag, 23. November 2008

life under occupation

Leben unter Besatzung, hört man das Wort Besatzung noch in der Berichterstattung über Palästina in der ausländischen Presse? Ich kann mich nicht daran erinnern dass ich es in der letzten Zeit gelesen oder gehört habe. Selbst zu einer Zeit, während die Zustände im Gazastreifen unbegreiflich werden, in Jerusalem und Umgebung Häuser zerstört werden und überall in der Westbank Menschen festgenommen werden (ca. 70 in diesem Monat)
Ein paar Worte zu der Situation in Gaza.
Seit dem 4.11.08 ist der 1,5 Mill. Menschen fassende Streifen von der Außenwelt quasi abgeriegelt. 30 LKWs mit Lebensmitteln und Medikamenten durften am 17.11.08 Grenzposten passieren. Vor der Blockade haben täglich ca. 1000 LKWs verschiedenste Produkte in den Gazastreifen gebracht.
Hier eine Tabelle von Oxfam, die den tatsächlichen Bedarf an Kraftstoff ermittelt der für den Verkehr, das Kraftwerk (zur Stromerzeugung) und Gas für privat und z.B. Bäckereiverbrauch benötigt wird.



Kraftstoff ist ein sehr wichtiger Punkt, denn ca. 33% des Stroms in Gaza müssen von einem Kraftwerk produziert werden, 7% des Bedarfs kommt aus Ägypten und 59% aus Israel. Da aber seit den letzten 19 Tagen nur einmal Kraftstoff in den Gazastreifen gebracht werden konnte, kam es gestern zum ersten kompletten Stromausfall im Shifa Krankenhaus, Gazas größtem Krankenhaus. Aufgrund eines Problems mit dem Notstromgenerator haben Beatmungsgeräte, Blutpumpen und ähnliche Geräte für die intensiv Medizin versagt. So mussten einige Patienten manuell beatmet werden. 160 Medikamente sind ausgegangen, 120 sind am zuneige gehen.

Mittlerweile sind alle Getreidevorräte aufgebraucht die zum Brot backen bestimmt waren. Es wird auf Getreide zurück gegriffen, was als Futtergetreide für Tiere bestimmt ist. 50% der Getreidemühlen haben geschlossen, weil es entweder keinen Strom oder kein Getreide mehr gibt.
UNRWA (UN Relief and Workers Agency for Palestinian Refugees in the Near East) sagt es wird innerhalb der nächsten Tage keine Lebensmittelvorräte mehr haben. Ca. 50% von Gazas Bevölkerung ist abhängig von der Lebensmittelverteilung der UN.

Die Zahlen sind von BBC Al Jazeera und Maan News

Genug Zahlen, das wichtigste ist allerdings, dass man sich daran erinnert, dass hinter jeder Zahl ein Mensch steht, sich ein Schicksal befindet. Für jeden LKW der nicht die Checkpoints passieren kann, stehen im Moment Menschen hungrig auf, wissen nicht wie sie Menschen im Krankenhaus versorgen sollen, wissen nicht wie sie Brot kaufen können, selbst wenn es welches gäbe, da sie keine Arbeit haben und damit kein Geld.

Das
Leben unter Besatzung aus persönlicher Sicht?
Zwei unterschiedliche Aussichten von dem Dach meiner Wohnung. Wahrscheinlich auf den ersten Blick nicht besonders, aber wenn man weiß um wessen Häuser es sich handelt, verändert sich die Perspektive.

Häuser von Siedlern, ca. 200m von Ramallah entfernt.



Häuser in Ramallah.



Warum
sage ich, dass es einen Unterschied zwischen Siedlungshäusern und Häusern in Ramallah gibt? Schaut euch die Karte an, bläuliche Farben sind Siedlungsflächen, braune Farben stehen mehr oder weniger unter Palästinensischer Kontrolle. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob die Palästinenser die größte Kontrolle hätten. Dem ist leider nicht so. Generell kommt die Armee nachts in die Städte und tut was immer sie will. Schaut man genauer hin, sieht man, dass es zwei bläuliche Schneisen von West nach Ost gibt, so dass es ein leichtes ist, die nördliche Westbank von der zentralen und diese von der südlichen abzuschneiden.
Wer die Karte in besserer Auflösung sehen möchte kann auf die Karte klicken und sie runter laden.



Was bedeutet das für mich? Es gibt eine ganze Menge Gebiete, in die ich nicht darf, weil ich mich mit palästinensischen Verkehrsmitteln bewege und diese sind an ihren grünen Nummernschildern erkennbar, die nicht in Siedlungsnähe dürfen. Abgesehen davon sind Siedlungen unter internationalem Recht illegal. Als Beleg dafür sollte man sich den Artikel 49 der vierten Genfer Konvention anschauen: "Die Besetzungsmacht darf nicht Teile ihrer eigenen Zivilbevölkerung in das von ihr besetzte Gebiet deportieren oder umsiedeln." Wenn ihr sagt, dass ist aus dem Zusammenhang gerissen, dann schaut euch die Genfer Konvention selber an

Wenn wir schon bei offiziellem und internationalem Recht sind, dann hier auch noch UN Resolution 194 und 181 neben tausenden anderen. Resolution 194 versichert das "Recht der Flüchtlinge auf Rückkehr oder Entschädigung". Die Resolution wurde auf der Generalversammlung am 11. Dezember 1948 verabschiedet. Resolution 181 beschreibt die Teilung des ehemaligen britischen Mandatsgebietes für einen israelischen und einen palästinensischen Staat. Resolution 242 ist die folge Resolution zu 181 und fordert den Rückzug israelischer Streitkräfte aus (den) Gebieten, die im jüngsten Konflikt besetzt wurden, verabschiedet vom Sicherheitsrat am 22. November 1967.

Das mag theoretische klingen, aber was bedeutet das konkret für Menschen hier? Der Teilungsplan von 1948 in Resolution 181 hat ein Verhältnis von ca. 55% für Israel und 45% für Palästina vorgesehen. 1967 blieben von den 45% noch 22% für einen palästinensischen Staat übrig, mittlerweile sind aus diesen 22% je nach Quelle zwischen 10% und 15% geblieben, die für einen pal. Staat zur Verfügung stehen. Verständlicher weise ist so ein Staat nicht akzeptierbar, da viele der lebenswichtigen landwirtschaftlich genutzten Flächen unerreichbar oder mit Siedlungen bebaut sind.
Das führt zu den eigentlich leicht nachvollziehbaren Forderungen der Palästinenser, dass es keinen Staat geben kann, dessen Grenzen nicht der Waffenstillstandslinie von 1967 folgen. Die Endverhandlungen müssen einhergehen mit der Anerkennung der ethnischen Säuberung von 1948 die bis heute anhält, mit dem generellen Rükkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge, der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt und der Kontrolle von Land und Wasserrechten und der totalen Räumung der Siedlungen. Bevor diese Prinzipien, basierend auf internationalem Recht, nicht anerkannt sind, werden alle Verhandlungen zu dem führen, zu dem sie bis jetzt geführt haben. Zu einer "Normalisierung" der Besatzung und einer Verschlechterung der Lebensbedingungen der Menschen die hier Leben.
In der praktischen Umsetzung gibt es dann Möglichkeiten zu diskutieren, was man mit den Siedlungen macht, mit der Verwaltung des Wassers usw.

Ich bin gespannt was ein Staat wie Israel noch für Einfälle hat um das Leben seiner Einwohner und seiner Nachbarn schwerer zu machen. Die Äußerung von Livni über die Anti-Rassismus Konferenz der UN ist vielleicht ein deutliches Zeichen, um was für einen Staat es sich hier eigentlich handelt. maan news schreibt über ihre Äußerungen zu der Konferenz.

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